Die Pelletfabrik auf Rädern – Das Start-up Proxipel entwickelte eine innovative Maschine

Fahrzeuge und Technik Ausgabe-01-2025

Proxiflex, die mobile Pelletfabrik am Waldrand. Der Lärm der Maschine ist im Vergleich zu einem Holzhäcksler geringer.

Mit Proxiflex hat das Start-up Proxipel eine mobile Pelletfabrik entwickelt, die nicht nur die Pelletproduktion revolutioniert, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft und zur lokalen Energieunabhängigkeit leistet.

Warum nicht Pellets gerade dort produzieren, wo ihr Rohstoff herkommt, also eine fahrbare Pellet-Miniaturfabrik am Waldrand? Genau eine solche Maschine entwickelte die Firma Proxipel AG. Die Idee dazu hat ihren Ursprung in den Weinbergen des Vaters des Proxipel-Geschäftsführers Richard Pfister. Er fragte sich auf einem Spaziergang in den Weinreben, ob sich diese zu Pellets aufwerten liessen. Als er dann noch auf den Wärmetechniker André Corthay traf, der die Idee hatte, die Pelletproduktion teilweise mobil zu machen, nahm die Geschichte der mobilen Pelletfabrik ihren Lauf.

Hohe finanzielle Hürden

Die Entwicklung von Proxiflex, der mobilen Pelletfabrik, war ein langwieriger Prozess: «Das Projekt im Jahr 2013 zu starten, war eine einfache Sache. Der Rest war komplexer als erwartet», gibt Pfister zu. Zwischen 2014 und 2019 entwickelte Proxipel mit mehreren Zulieferern einen Prototypen in Originalgrösse und optimierte diesen bis 2021. Erst dann starteten sie mit dem Bau der ersten Maschine, die verkauft werden sollte. Das Unternehmen Lémanpellet aus Aubonne wagte das Risiko und bestellte diese allererste Maschine. Eine grosse Herausforderung für Proxipel waren die Finanzen. Denn 2016 ging der wichtigste Zulieferer auf betrügerische Weise in Konkurs und verkaufte kurz zuvor den Prototyp in Einzelteilen weiter. Glücklicherweise sicherte ein Investor die nötigen Mittel, um das Projekt dennoch fortzusetzen.

Eigener Kleintrockner entwickelt

Technisch war die Entwicklung von Proxiflex ebenso anspruchsvoll: Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine mobile Maschine, die in der Lage war, verschiedene Biomassen zu zerkleinern, zu trocknen und zu Pellets zu pressen. Das zwölfköpfige Team von Proxipel musste selbst einen innovativen Trockner entwickeln und patentieren lassen: Die damals verfügbaren Trockner benötigten mehr Platz als die gesamte mobile Fabrik von Proxipel. Der Trockner von Proxipel ist sechs Mal kleiner und hat den Vorteil, dass er mit Pellets betrieben wird, die die mobile Einheit selbst produziert. Das macht die Maschine autonom und umweltfreundlich.

Bei der Entwicklung setzte Proxipel auch auf die Kompetenzen von Zulieferern und arbeitete unter anderem mit Avesco, der Marktführerin im Bereich Baumaschinen, zusammen. Avesco hatte das benötigte Anhängermodell serienmässig und damit zu vertretbaren Kosten zur Verfügung.

Vorbildliche Kreislaufwirtschaft

Die Pelletproduktion aus traditionellen, stationären Werken besitzt heute einen Marktanteil von 100 Prozent. In der Schweiz und Europa werden fast 30 Prozent Pellets importiert. Diese werden nicht immer unter umweltfreundlichen Bedingungen hergestellt. Proxipel zielt auf diesen Teil des Markts ab. Das Start-up bietet Maschinen an, die in der Lage sind, lokal produzierte Pellets herzustellen, die in kurzen Kreisläufen vertrieben werden. «Durch die Verwertung von Reststoffen, die heute nicht oder nur wenig genutzt werden, ist Proxipel ein gutes Beispiel für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft und stärkt gleichzeitig die lokale Energieunabhängigkeit», ist Pfister überzeugt.

Proxiflex ist dreimal umweltfreundlicher als der Durchschnitt der stationären Fabriken, weil die Pelletproduktion nah an der Materialquelle erfolgt und die Energieeffizienz besser ist. Schliesslich ist das Rohmaterial für die Pelletproduktion aufgrund seiner Feuchtigkeit und seines Volumens sehr schwer. Die niedrigen Transportkosten und das geringe Versorgungsrisiko machen Proxiflex wettbewerbsfähig. Für den Proxipel-Geschäftsführer ist klar, dass es sich um eine der umweltfreundlichsten erneuerbaren Energien handelt.

Ambitionierte Wachstumsziele

Proxipel entwickelt derzeit weitere Modelle mobiler Pelletfabriken, eine mit Greifer und Forsthäcksler und eine ohne Trockner, die Pellets aus trockener Biomasse herstellen kann. Ein neu entwickelter mobiler Versuchsstand soll zudem ermöglichen, Tests mit neuen Materialien direkt vor Ort durchzuführen und nicht nur im eigenen Labor, wie es derzeit der Fall ist. Das junge Unternehmen will schnell wachsen, um mit der starken internationalen Nachfrage Schritt zu halten: In sechs bis sieben Jahren will Proxipel jährlich etwa 100 mobile Einheiten bauen und vermarkten, hauptsächlich in Westeuropa. Potenzielle Kunden sind Forstbetriebe, Sägewerke, die Landwirtschaft, Weingüter, Gemeinden, Energieversorger und Abfallwirtschaftsunternehmen.

Text: Fabienne Reinhard
Fotos: AVESCO, Proxipel

Wie funktioniert Proxiflex?

Proxiflex funktioniert durch einen klar strukturierten Prozess: Vorzerkleinerte Biomasse (nicht grösser als fünf Zentimeter) wird in einen grossen Trichter gefüllt und durch eine Schnecke zu zwei Zerkleinerungsmaschinen geleitet. Nach der Zerkleinerung auf einen bis drei Millimeter wird die Biomasse in einem Trockner behandelt, der die Feuchtigkeit innerhalb von drei Minuten von 50 auf 10 Prozent senkt. Anschliessend wird das Material in einen Mischer geleitet, in dem etwas Wasser hinzugefügt wird, um eine Feuchtigkeit von rund 13 Prozent zu erreichen. Bei Bedarf können auch Zusatzstoffe hinzugefügt werden, um die Qualität der Pellets zu verbessern. Die Pellets werden dann abgekühlt und anschliessend in die gewünschte Art von Container (Anhänger, Kipper, Silo usw.) geblasen. Die mobile Einheit kann sich schnell an unterschiedliche Rohstoffe anpassen und verarbeitet eine Vielzahl von Biomassen, darunter Holz, Stroh, Weinreben und Kompost. Es dauert 15 Minuten, bis die Holzhackschnitzel vom Einfülltrichter bis zum Auslassrohr für die abgekühlten Pellets gelangen. In einer Stunde produziert Proxiflex eine Tonne Pellets. Dafür braucht es 3 bis 3,5 Kubikmeter Holzhackschnitzel. Die produzierten Pellets werden entweder vor Ort gelagert, zum Lagerort transportiert oder direkt an den Endkunden geliefert.

Fabienne Reinhard