Das Stimmvolk hat genug vom Autobahnbau. War es zu teuer? Haben wir nicht schon genug Stau? Es ist schwierig herauszufinden, was wirklich die Entscheidung beeinflusst hat. Die Stimmbeteiligung war mit 45% eher am unteren Rand. Die Leute hat es nicht interessiert. Die anderen Vorlagen waren noch weniger interessant.
Der Abstimmungskampf war eher ruhig. Auf der Seite der Gegner ging es um Geld und Naturschutz. Zudem die alte Überzeugung aus der grünen Ecke: Mehr Strasse zieht mehr Verkehr an.
Strassenbau geht zu lange. In der Region Lausanne spricht man schon seit 2009 von einem Ausbau in der Autobahnkreuzungen der A1 und der A9 in der Region Crissier. Nachdem die Budgets von den Räten Freigegeben wurden, werden nun seit Jahren Detailpläne bearbeitet und Einsprachen behandelt. Nachdem früher einmal ein Baubeginn Anfangs der 2020er Jahre denkbar war, soll es inzwischen eher 2030 werden. Bauende plant das ASTRA auf 2038.
Wie lange warten wir schon auf den 3. befahrbaren Tunnel am Gubrist? Die Diskussionen sind schon mehr als 20 Jahre alt. Auf 2027 sollen die drei Tunnelröhren befahrbar sein. Selbst wenn der politische Wille vorhanden wäre und das Geld bereit steht, bestehen dermassen viele Einsprachemöglichkeiten, dass nur schon die Verzögerungen dazu führen, dass eine Generation Ingenieure nicht reicht, ein Projekt fertigzustellen.
In vergangener Zeit hatten wir zwei positive Abstimmungen für Nationalstrassenprojekte, die Abstimmungen zum Gotthardtunnel und dem NAV zur generellen Finanzierung aktueller und zukünftiger Projekte. Allerdings gab es schon 2003 eine ähnliche Niederlage. Die Avanti-Initiative wurde auch an der Urne versenkt. Es ging damals vor allem um die Autobahnen Zürich-Bern, Genf-Lausanne und den Gotthard. 20 Jahre später wissen wir, dass gewisse Teile trotzdem realisiert wurden oder werden. Grosse Projekte und Pakete an Abstimmungen haben es immer schwer. Wahrscheinlich muss das ASTRA mit kleinerer Kelle arbeiten und einzelne wichtige Projekte unabhängig voneinander vorwärts bringen. Zudem werden die Staus in Zukunft kaum geringer. Ist der Salami am Stück ungeniessbar, braucht es das eine oder andere Rädli.
Nach dieser Abstimmung haben Projekte nur eine Chance, wenn der Schmerz bei Automobilisten gross ist. Zudem geht es nun darum, bestehende Arbeiten und Projekte zu Ende zu führen und ansonsten ein wenig Optimierung zu betreiben. Aus dem Pannenstreifen entsteht eine dritte Spur usw.. Steigt der Schmerz, haben auch Ausbauprojekte wieder eine Chance. Die Lehre daraus ist, nicht zu viel draufzupacken. Eines ist sicher: Die Schweiz wächst, auch in der Zukunft. Die Leute wollen während der Woche zur Arbeit und Samstags ins Wochenende.
Kaum war die Abstimmung verloren, zielte die ASTAG schon auf eine Lockerung des Nachtfahrverbotes. Schlecht ist, wenn nun die Chauffeure mit Arbeitsbeginn 04:00 für das Abstimmungsresultat zahlen sollen. Wir haben bereits jetzt die höchsten Einsatzzeiten und am wenigsten Nachtruhe und Freizeit. Alle anderen Branchen haben gesetzlich maximal 50 Arbeitsstunden pro Woche und mindestens 11 Stunden Nachtruhe. Kaum eine andere Branche arbeitet für 100% Lohn mehr als 43 Stunden pro Woche. Seit Lastwagen vernetzt sind ist im Betrieb jede Aktivität des Chauffeurs sichtbar. Die Leine ist kürzer geworden. Chauffeure sind wie Arbeiter in einer anderen Branche kontrollierbar. Von der Truckerromantik und Freiheit aus vergangenen Zeiten ist viel verloren gegangen. Für flexiblere Arbeitszeit in der Nacht sollte die wöchentliche Einsatzzeit reduziert werden.
Eine Reduktion des Nachtfahrverbotes bringt nicht viel, da die meisten Kunden vor 07:00 sowieso keine Waren annehmen, geschweige denn zur Abholung bereitstellen. Fährt ein Chauffeur um 04:00 los, um einen Stau zu vermeiden, wartet er anschliessend vor der Rampe des Kunden. Dies wäre dann bezahlte Bereitschaftszeit. Aus Erfahrung wird das aber in mancher Firma eher als unbezahlte Pause abgerechnet.
Wir müssen lernen, mit Staus zu leben. Staus sind wie schlechtes Wetter. Teilweise muss damit gerechnet werden, teilweise treten sie unerwartet auf. Es lohnt sich nicht, sich darüber zu ärgern. Detailhändler mit ihren gefürchteten Lieferzeitfenstern müssen sich auch daran gewöhnen. Das Problem der Verspätungen wird sich nicht mit Konventionalstrafen lösen lassen. Es trifft alle.
Da kaum ein Transporteur den wachsenden Aufwand selbst zahlen kann, werden die Preise eher ansteigen. Wer das nicht umzusetzen versteht, geht unter. Text: David Piras Foto: Daniel von Känel