Wann gilt neue Regel? – Geldstrafe bei Raserdelikten

Recht Ausgabe-03-2025

Wer mit sehr hoher Geschwindigkeit geblitzt wird, gilt offiziell als Raser.

Ein Raserdelikt kann anstatt mit Gefängnis auch mit einer Geldstrafe sanktioniert werden, wenn der Täter in den letzten zehn Jahren kein schweres Verkehrsdelikt begangen hat. Diese Regel gilt seit 2023. Doch was, wenn der Täter den Führerschien noch gar keine zehn Jahre hat? Das Bundesgericht hat einen Entscheid gefällt.

Manchmal wird eine Angelegenheit knifflig, obwohl sie anfänglich klar erscheint. So geschehen bei der Beurteilung eines Raserdelikts. Involviert waren neben dem Raser selbst die Genfer Staatsanwaltschaft, das Genfer Kantonsgericht und schliesslich das Bundesgericht. Begonnen hatte die Angelegenheit auf einer Autobahn im Jahr 2022, wo ein Motorradlenker die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um ganze 66 km/h überschritt. Weil es sich bei einer Tempoüberschreitung von mindestens 60 km/h, wo maximal 80 km/h erlaubt sind, um ein Raserdelikt handelt, wurde der Motorradfahrer in erster Instanz entsprechend verurteilt, und zwar zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten.

Geldstrafe anstatt Gefängnis

Im Oktober 2023 trat dann die Neuregelung bei Raserdelikten in Kraft, wonach anstatt einer Freiheitsstrafe auch eine Geldstrafe verhängt werden kann, sofern der Täter innerhalb der letzten zehn Jahre kein schweres Strassenverkehrsdelikt begangen hat. Da dies gemäss Kantonsgericht im Fall des Motorradlenkers zutraf, verhängte es im November 2023 eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen. Dabei berücksichtigte es unter anderem, dass beim Vorfall keine anderen Verkehrsteilnehmer in der Nähe waren, gute Fahrbedingungen herrschten und der Betroffene danach sein Motorrad verkaufte und seinen Führerausweis, den er 2020 erlangt hatte, freiwillig hinterlegte.

Die Staatsanwaltschaft gelangte da-rauf ans Bundesgericht: Der Motorradfahrer brauche für die letzten zehn Jahre einen tadellosen automobilistischen Leumund, damit die neue Regelung anwendbar sei. Da er den Ausweis erst rund zwei Jahre vor dem Delikt erlangt hatte, sei die Regelung nicht anwendbar.

Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab. Die neue Bestimmung könne grundsätzlich auch bei Fahrzeuglenkern angewendet werden, die noch nicht seit mindestens zehn Jahren über einen Fahrausweis verfügen, also auch bei Jung- beziehungsweise Neulenkern, teilt das Bundesgericht mit. «Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit der neuen Bestimmung beabsichtigte, dem Richter bei der Bestrafung von Raserdelikten einen gewissen Ermessensspielraum einzuräumen», heisst es weiter. «Weder aus dem Gesetz noch aus den parlamentarischen Debatten kann geschlossen werden, dass die Prüfung der Frage, ob der Lenker innerhalb der letzten zehn Jahre ein schweres Strassenverkehrsdelikt begangen hat, vom Zeitpunkt des Erlangens des Führerausweises respektive vom Alter des Lenkers abhängig gemacht werden sollte.»

Text: Daniel von Känel
Foto: Kapo GR