ARV: Unsere Antwort – Fahrtenschreiber für Lieferwagen

Fahrzeuge und Technik Verband Ausgabe Nr. 2 / 2024

Wichtig ist, die Daten auf der Fahrerkarte selbst auswerten zu können. Dies gelingt mit unserer TachiFox Software.

Der Bundesrat hat die Anpassungen der Arbeits- und Ruhezeitvorschriften (ARV 1) in die Vernehmlassung geschickt. Auch Les Routiers Suisses hat dazu Stellung bezogen und sich beim Bundesrat eingebracht.

Im Einklang mit Regelungen der EU und in Erfüllung eines parlamentarischen Vorstosses sollen im grenzüberschreitenden Verkehr auch Lieferwagenlenkende im gewerbsmässigen Gütertransport neu der ARV 1 unterstehen. Für den Verkehr innerhalb der Schweiz, so sieht es der Bundesrat vor, ändert sich nichts. Die EU führt die Fahrtschreiberpflicht und die Unterstellung an Verordnungen entsprechend der ARV1 zwingend im grenzüberschreitenden Transport ein. Es ist den Ländern freigestellt, vergleichbare Regelungen im Binnenverkehr einzuführen. Deutschland hat bereits seit Langem eine Fahrtschreiberpflicht für Fahrzeuge ab 2,8 t auch im Binnenverkehr. Andere Länder wie Frankreich und Österreich haben wesentlich straffere Regelungen als wir, sei es entsprechend der ARV oder aber auch mit anderen Arbeitsgesetzen und Vorschriften für Betriebe.

Innerhalb der Schweiz sind übermässige Arbeitszeiten in der Paketzustellung üblich. Rund die Hälfte der Fahrzeuge hat Beulen und die Fahrer verursachen regelmässig Unfälle, da sie übermüdet und überlastet sind. Zudem sind viele selbstständig erwerbend und unterstehen keinerlei Kontrolle. Wir haben regelmässig Klagen von Fahrern, die eine klare Aufzeichnung der Arbeits- und Lenkzeiten wünschen.

Ausgebrannte Chauffeure

Wir stellen auch fest, dass 3,5-t-Fahrzeuge mit Anhänger eine wesentliche Konkurrenz zu schweren Fahrzeugen geworden sind. Arbeitszeiten werden nicht aufgezeichnet, es besteht kein Nachtfahrverbot und sie sind schneller. Die Arbeitszeiten sind hoch, die Fahrer sind oft übermüdet, ausgebrannt und aggressiv. Kaum einer macht den Job länger als 2 bis 3 Jahre. Die Unternehmungen erklären alle, dass kein Problem bestehe und sie nichts von hohen Arbeitszeiten wissen. Solange diese Fahrten nicht der ARV unterstehen, besteht keine Aufzeichnung von Lenk- und Arbeitszeit. Les Routiers Suisses ist für die Anpassung an die EU-Regeln. Allerdings fordern wir, dass die Präzisierung «im grenzüberschreitenden Verkehr» weggelassen wird. Die Regel soll auch für den Binnentransport in der Schweiz gelten.

Handwerker nicht schikanieren

Wir haben kein Interesse, Handwerker, die über eine funktionierende Arbeitszeiterfassung verfügen, zusätzlich unter die ARV1 zu stellen. Deshalb braucht es eine Korrektur bei der vorgeschlagenen Formulierung, wonach Fahrer von Lieferwagen über 2,5 t einen Fahrtenschreiber brauchen, «sofern das Lenken deren berufliche Haupttätigkeit darstellt oder der Transport auf fremde Rechnung durchgeführt wird». Geht es hier nur um die Lenkzeit? Geht es um Tätigkeiten, die mit dem Fahrzeug in Verbindung stehen, wie Abladen und Aufladen, Tanken, Fahrzeugreinigung etc.? Heute stellt der Fahrtenschreiber bereits in einer längeren Rotlichtphase von Lenkzeit auf Arbeitszeit. Die Arbeit des Chauffeurs umfasst üblicherwiese das Führen des Fahrzeugs (Lenken). Damit verbunden sind das Auf- und Abladen, Wartezeiten, Bereitstellen des Fahrzeugs, Reinigen, Abfahrtskontrolle (früher Tagesparkdienst). Die Eingrenzung ist ungenügend und lässt Zweifel offen. Die Präzisierung Gütertransport ist notwendig.

Hauptsächlich Paketdienstleister

Es stimmt, dass hauptsächlich Paketdienstleister betroffen sind. Tatsächlich wird dort so gearbeitet, dass 14 Stunden pro Tag üblich sind. Die Löhne sind auf minimalem Niveau von rund 3000 CHF pro Monat. Aufzeichnungen der Arbeitszeit sind nicht vorhanden. Sehr viele Fahrzeuge haben Beulen und Unfallschäden. Sie entstehen bei Unfällen, die oft nicht der Polizei gemeldet werden. Auch sind diese Fahrzeuge wenig auf der Autobahn unterwegs, was wiederum dazu führt, dass viele Unfälle nicht erfasst werden. Die Statistiken lassen zudem keine saubere Aufteilung zwischen Personenwagen und Lieferwagen zu. Die Daten werden seit Jahren nicht systematisch erfasst und ausgewiesen. Gelegentlich kommen spektakuläre Unfälle vor, die aber statistisch ebenso nicht richtig erfasst werden. Wir sehen erhöhte Unfallrisiken und wissen, dass verschiedene Unfallversicherer auch grössere Flotten nicht mehr versichern wollen oder erhöhte Prämien verlangen. Die Kosten für einen Fahrtenschreiber an einem Neufahrzeug liegen bei rund 1000 CHF, was über die nächsten 8 Jahre mit 125 CHF pro Jahr amortisiert werden kann. Die Betriebskosten entsprechen einer üblichen betrieblichen Zeiterfassung, die an sich sowieso vorhanden sein sollte, aber bisher gespart wird. Viel schwerer wiegt, dass bei einer Unterstellung unter die ARV1 keine 70 bis 80 Stunden pro Woche mehr gearbeitet werden können und zusätzliche Fahrer notwendig werden. Jede andere Branche kennt vernünftige Arbeitszeitsysteme und Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmer. Bei den Paketzustellern wird gearbeitet, bis es nicht mehr geht. Auch die Zeit für Ein- und Ausladen und andere Arbeiten ist strenge Arbeit, erhöht den Stress und senkt die Aufmerksamkeit im Strassenverkehr. Das Auf- und Abladen gehört zur Arbeit des Chauffeurs und stellt keinen Grund dar, auf die ARV1 zu verzichten. Ansonsten wäre die ARV1 in vielen anderen Bereichen des Transports auch anzuzweifeln.

Es wäre dringend notwendig, Fahrer und Betriebe mit Fahrzeugen von 2,5 t bis 3,5 t im Gütertransport der ARV1 zu unterstellen – auch im Binnenverkehr in der Schweiz.

Text: Daniel von Känel /David Piras Fotos: DvK