Ausbildung und Verantwortung – Stellungnahme zu Verordnungen über das automatisierte Fahren

Fahrzeuge und Technik Ausgabe Nr. 2 / 2024

Ein fahrerloses Räumfahrzeug im Einsatz.

«Automatisiert verkehrende Fahrzeuge können die Verkehrssicherheit erhöhen und den Verkehrsfluss verbessern», ist der Bundesrat überzeugt.

«Zudem eröffnen sie neue Möglichkeiten für die Wirtschaft und für Verkehrsdienstleister.» Deshalb hat der Bundesrat die Vernehmlassung über zwei neue Verordnungen eröffnet, mit denen er das automatisierte Fahren regeln will.

Mit der Teilrevision des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) im Frühling schuf das Parlament die Rahmenbedingungen für das automatisierte Fahren. Nun konkretisiert der Bundesrat diese Gesetzesbestimmungen mit zwei Verordnungen. Der Berufsverband Les Routiers Suisses sieht viel Änderungsbedarf an den Vorlagen, was wir in unserer Stellungnahme im Rahmen der Vernehmlassung auch kundtaten.

Präzise Regelungen

Einerseits sollte man sich Neuerungen nicht grundsätzlich in den Weg stellen. Die Automatisierung von Fahrzeugen und Verkehr kann Risiken reduzieren, sofern die Technik wirklich bereit ist. Es ist zudem sehr wichtig, dass Regelungen frühzeitig getroffen werden und die Verantwortlichkeiten den Beteiligten ohne Zweifel zugeordnet sind.

Wichtig bei der Einführung von automatisierten Fahrzeugen ist uns, dass Beteiligte und das Umfeld nicht überfordert oder behindert werden. Je länger, je mehr geht es nicht mehr darum, dass der Fahrer das Fahrzeug beherrscht, sondern dass Fahrer und Umfeld das Fahrzeug verstehen und in der Lage sind, mit unerwarteten Reaktionen umzugehen und auch ohne «Augenkontakt» in «Verkehrspartnerschaft» leben können.

Von einer fahrerlosen Maschine auf der Strasse erwartet der Mensch üblicherweise, dass sie perfekt ist und keine Fehler macht. Insbesondere, da von Menschen ein sehr hoher Perfektionsgrad erwartet wird und Menschen trotzdem immer wieder Fehler machen. Gegenüber Maschinen bestehen keine emotionalen Druckmittel wie Führerscheinentzüge oder schmerzhafte Bussen.

Es wird nicht möglich sein, für Mensch und Maschine die gleichen Anforderungen anzusetzen. Trotzdem kann es nicht sein, dass der Mensch in Zukunft mit Fehlern von Maschinen umgehen muss, die er nicht selbst in Verkehr gesetzt hat und wofür er keine Verantwortung tragen kann.

Aus diesen Gründen muss der Anspruch an Personen und Organisationen, die fahrerlose Fahrzeuge auf die Strasse bringen, sehr hoch sein. Die Verantwortung soll von Personen getragen und darf nicht an eine juristische Person delegiert werden. Es muss jederzeit nachvollziehbar sein, wer die persönliche Verantwortung für fahrerlose Fahrzeuge trägt.

Die Verordnung regelt sehr viele juristische und technische Einzelheiten. Schluss-endlich haben automatisierte Vehikel einen wesentlichen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung des partnerschaftlichen Zusammenlebens auf der Strasse. Es reicht nicht, nur die Voraussetzungen für die Zulassung zu regeln. Es geht auch darum, festzuhalten, dass von automatisierten Vehikeln keine Behinderungen und keine erhöhten Risiken ausgehen dürfen und dass sie verträglich mit den bestehenden bemannten Fahrzeugen inklusive Velo- und Fussverkehr interagieren. Das Strassenverkehrsgesetz hat kaum Regelungen für führerlose Fahrzeuge. Die Verantwortlichkeiten sind nicht klar geregelt. Bei einem Unfall oder einer Panne sind verantwortliche Personen nicht vor Ort und kaum greifbar. Eine Verordnung zur Zulassung reicht nicht. Es muss an den Verkehrsregeln und Verantwortlichkeitsfragen gearbeitet werden.

Wichtige Änderungen

In den vom Bundesrat vorgeschlagenen Regeln sind allgemeine Anforderungen an Fahrzeuge mit einem Automatisierungssystem definiert, die unserer Meinung nach ergänzt werden müssen. So soll festgehalten werden, dass ein Automatisierungssystem zulassen muss, dass ein Fahrzeug bei Unfall oder Panne unverzüglich von der Strasse entfernt werden kann, so wie dies auch mit einem herkömmlichen Fahrzeug gemacht werden kann. Ist kein Fahrer vor Ort, muss ansonsten mit massiven Verzögerungen gerechnet werden.

Eine weitere Ergänzung drängt sich bei den Verkehrsszenarien, die ein System beherrschen muss, auf. Neben den festgehaltenen Szenarien Niederschlag und Nebel gehören auch Eis und Schnee dazu. Bestehen Zweifel über den Einsatz bei nicht vorgesehenen Bedingungen, darf das Fahrzeug nicht eingesetzt werden. Zudem muss das Fahrzeug in der Lage sein, Entscheidungen bei falschen Markierungen, Baustellensignalisationen, verschmutzter Strasse und fehlenden oder ausgefallenen Signalen zu treffen. Ansonsten darf es bei solchen Bedingungen nicht eingesetzt werden.

Der Bundesrat will auch die Abgabe der Gebrauchs- und Bedienungsanleitung und die Informationspflicht betreffend den Fahrmodusspeicher regeln. Wir geben zu bedenken, dass es insbesondere bei einem führerlosen Fahrzeug nicht reicht, lediglich eine Bedienungsanleitung zu übergeben. Ein Operator muss geschult sein und sollte eine Zulassung für den betreffenden Fahrzeugtyp haben.

Die Bezeichnung Operator erscheint in diesem Teil der Regelung zum ersten Mal ohne vorherige Definition der Verantwortung und Tätigkeit. Es folgt später in der Verordnung, dass der Operator eine tragende Rolle spielt und gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern und der Öffentlichkeit wesentliche Verantwortung trägt. Es reicht nicht aus, dass er eine technische Schulung durch den Fahrzeughersteller erfährt. Er muss sich seiner Verantwortung bewusst und seine Fähigkeiten müssen von Behörden geprüft sein.

Text: Daniel von Känel
Foto: PD