Für Oldtimer geeignet – Tests mit synthetischem Benzin

Fahrzeuge und Technik Ausgabe-03-2024

Ob es auch einmal synthetischen Diesel für alte Saurer geben wird? Für Flugzeuge jedenfalls sind Synfuels im Gespräch.

Oldtimer-Autos fahren problemlos mit synthetischem Benzin. Das haben AMAG und Empa durch eine gründliche Untersuchung festgestellt. Eine gute Nachricht für Oldtimerfans, aber kein Grund zur Euphorie für generelle Fans von Verbrennern.

In Motoren von Young- und Oldtimern ist der Einsatz von Synfuels absolut problemlos möglich. Diesen Befund liefern umfangreiche Versuche und Tests, welche die Empa, das interdisziplinäre Forschungsinstitut für Materialwissenschaften und Technologie des ETH-Bereichs, in enger Zusammenarbeit mit AMAG Classic, unterstützt von der Motorex AG, durchgeführt hat.

Während der einjährigen Testreihe lag der Fokus darauf, verlässliche und wissenschaftlich fundierte Aussagen darüber zu treffen, wie sich die verschiedenen Komponenten eines Motors und vorgelagerte Teile verhalten, wenn sie synthetischem Benzin ausgesetzt werden. Als Referenzbenzin diente fossiler 98-Oktan-Treibstoff, während ein biosynthetisches 98-Oktan-Benzin, hergestellt aus erneuerbarem Methanol, als Vergleichsstoff verwendet wurde.

Die Tests wurden sowohl an einem VW Golf I mit einem 1,5-Liter-4-Zylindermotor (Erstinverkehrssetzung 1978) als auch an einem Chrysler Valiant mit einem 3,7-Liter-6-Zylindermotor (Erstinverkehrssetzung 1971) durchgeführt.

Keine Veränderungen

Zu Beginn der Testreihe wurden ausgewählte Komponenten zwischen Tank und Motor direkt dem synthetischen Benzin ausgesetzt, um Veränderungen wie Oberflächenveränderungen, Auflösungserscheinungen und Materialschwellungen zu untersuchen. Es wurden keine physischen, haptischen oder optisch erkennbaren Veränderungen an den untersuchten Bauteilen im beobachteten Zeitraum festgestellt, was darauf hindeutet, dass deren Kontakt mit dem Testkraftstoff unproblematisch ist. Untersuchte Teile umfassten verschiedene Dichtungen, Vergaser, Tankgeber, Treibstoffschläuche und Kunststoffkomponenten wie Vergaserschwimmer, Benzinfilter oder Tankdeckel.

Selbst am Benzintank, der wie bei klassischen Fahrzeugen üblich aus Stahlblech besteht, wurden nach Abschluss der Beobachtungszeit keine Korrosionserscheinungen oder andere sichtbare Veränderungen an den Innenwänden festgestellt, wie AMAG und Empa mitteilen. Weiter wurden bei Testfahrten das Abgasverhalten und die Leistung untersucht, wobei das Benzin und das synthetische Benzin nahezu identische Werte lieferten.

Diese Ergebnisse könnten bei jenen, die im Verbrenner die nahe und ferne Zukunft sehen, einen Euphorieschub auslösen – was natürlich falsch wäre. Denn: Die Verfügbarkeit von Synfuels ist derzeit noch ein grosses Problem. Das Unternehmen Synhelion wird erst dieses Jahr seine erste industrielle und klimaneutrale Produktion von solchen Treibstoffen in Betrieb nehmen. Zudem sagt Helmut Ruhl, CEO der AMAG Gruppe: «Der Antrieb der Zukunft im Pkw-Bereich werden grossmehrheitlich batterieelektrische Fahrzeuge sein.» Er fügt aber auch an, dass der Verbrennungsmotor noch viele Jahre eine wichtige Rolle in der Schweizer Mobilität spielen werde, nicht nur bei Oldtimern. So würden gemäss einer Studie der Empa 2040 noch rund zwei Millionen Verbrenner auf Schweizer Strassen unterwegs sein.

Dass modernere Motoren mit synthetischen Treibstoffen betrieben werden können, wurde schon längst bewiesen. Nun weiss man es auch von Oldtimern. Dino Graf, der bei der AMAG auch für den Bereich Classic verantwortlich ist, sagt: «Ich hoffe, wir können mit dem wissenschaftlichen Versuch Oldtimerfans motivieren, Synfuels für ihre Fahrzeuge zu verwenden, wenn dieses in den kommenden Jahren lieferbar sein wird. Wir werden dieses Jahr die ersten Mengen Solarbenzin von Synhelion übernehmen und für unsere Klassiker einsetzen. Denn, das wissen wir jetzt: Es funktioniert.»

Text: Daniel von Känel

Fotos: Emanuel Freudiger/Daniel von Känel

 

Grossflächiger Einsatz bei Pw und Lkw «nicht sinnvoll»

Mit Strom hergestellte synthetische Kraftstoffe (sie werden mal E-Fuels, mal Synfuels genannt) sollen nicht grossflächig bei Personen- und Lastwagen eingesetzt werden. Dies sagt das Fraunhofer ISI (Institut für Systemforschung). Dies sei nach derzeitigem Wissensstand aus folgenden Gründen nicht sinnvoll: Die weltweite erneuerbare Stromproduktion müsste im Vergleich zum heutigen Stand fast verdoppelt werden, um im Jahr 2050 einen weltweiten Anteil von zehn Prozent an grünem Wasserstoff und synthetischen Brenn- und Kraftstoffen einschliesslich E-Fuels zu erreichen. Sie würden daher noch lange knapp und teuer sein. Das Einsatzgebiet von grünem Wasserstoff und E-Fuels sollte sich auf Anwendungsbereiche konzentrieren, in denen keine anderen wirtschaftlichen Alternativen zur Erreichung der Treibhausgasneutralität zur Verfügung stehen, wie zum Beispiel den Stahlsektor, die Grundstoffchemie oder der internationale Flug- und Schiffsverkehr. Eine grossflächige Nutzung von E-Fuels bei Pw und Lkw sei ökonomisch nicht zielführend. Die Umwandlungsverluste seien enorm und Alternativen wie die direkte Elektrifizierung seien auf die Stromnutzung bezogen bis zu fünfmal effizienter. Der Umweltaspekt und die Kosten lassen das Institut pessimistisch sein, was E-Fuels auf der Strasse anbelangt. Die Produktion werde aber, etwa für den Flug- und Schiffsverkehr, ohnehin hochgefahren. Sollten sich die Prognosen als zu pessimistisch erweisen, könnte ein Einsatz im Strassenverkehr immer noch erwogen werden.

 

DvK