Die Hauptachsen des Nationalstrassennetzes sind überlastet. Ihre Kapazitätsgrenzen werden mittlerweile an sehr vielen Tagen und Tageszeiten sichtbar. Im Ausbauschritt 2023, vom Bundesrat und vom Parlament genehmigt, sind unter anderem mehr Spuren auf der A1 geplant. Gegner dieser Vorhaben haben es geschafft, das Referendum zu ergreifen, weshalb voraussichtlich diesen Herbst das Stimmvolk entscheiden darf. Bei Strassenbauprojekten führen Gegner oft die einfache Formel «Mehr Strassen, mehr Verkehr» ins Feld. In dieser platten Allgemeinheit kann das sogar stimmen. Eine etwas komplexere Betrachtung erweitert diese Formel. Denn: Das Verkehrswachstum nach einem Ausbau auf einer Hauptachse kann daher rühren, dass mehr Verkehr wieder auf die ausgebaute Strecke zurückkommt, der vorher Ausweichrouten durch Dörfer gewählt hat. Dieser Effekt trat messbar nach der Eröffnung der dritten Röhre am Baregg im Kanton Aargau auf. Er hielt allerdings nicht sehr lange an, am Baregg wird es wieder eng und die Region ächzt unter dem Verkehr. Die Region ist aber auch gewachsen, zählt heute viel mehr Einwohnerinnen und Einwohner als noch vor 20 Jahren, wie zahlreiche andere Regionen, Agglomerationen, Zentren, ja die Schweiz insgesamt auch. Es ist also nicht einfach der Strassenbau, der für mehr Verkehr sorgt. Es ist das ganze Wachstumsstreben, das Wohlstandsversprechen schlechthin, das mit der aktuellen Infrastruktur weder von der Strasse noch von der Schiene geschluckt werden kann. Trotzdem wäre es falsch, nun eine Phase des masslosen Bauens zu starten. Vielmehr braucht es Augenmass – wie es in den vom Bund vorgesehenen Ausbauschritten vorhanden ist. Es geht um die Beseitigung von Nadelöhren auf bestehenden Strecken und die Entlastung von Dörfern entlang dieser Hauptachsen, nicht um den Bau von Hunderten neuen Kilometern des Nationalstrassennetzes – dieses ist nämlich fast fertig gebaut. Die Schiene schafft es nicht, den heutigen Bedarf an Mobilität alleine zu decken, auch dort gibt es Kapazitätsprobleme und damit Ausbaupläne und Optimierungsideen. Das muss nach wie vor für beide Verkehrsformen angegangen werden – und dazu gehören auch die Ausbauprojekte für die Autobahnen.
Daniel von Känel, Chefredaktor