Am 1. Oktober 2022 trat Artikel 45b des Energiegesetzes in Kraft, um die Nutzung von Sonnenenergie auf geeigneten Bundesflächen zu fördern. Bis 2030 sollen diese Flächen «solaraktiv ausgestattet werden», wie es im Fachjargon heisst. Der Bundesrat ergänzte zudem die Nationalstrassenverordnung, sodass Dritte Anlagen für erneuerbare Energien entlang von Nationalstrassen errichten können. Das ASTRA führte daraufhin ein Bewerbungsverfahren durch, um das Potenzial für Photovoltaik entlang der Strassen optimal auszuschöpfen. Dies alles ist Teil der sogenannten Roadmap Elektromobilität 2025.
Strom selbst vermarkten
Nach der Erteilung des Zuschlags und der Unterzeichnung der Reservationsvereinbarung für ein Los beginnt eine Frist von drei Jahren, in der die Planung der Photovoltaikanlage und die Beantragung einer Baubewilligung erfolgen müssen. Für die Planung, die Finanzierung, den Bau, den elektrischen Anschluss, den Betrieb und den Unterhalt der Photovoltaikanlagen sind die Dritten selbst verantwortlich.
Zudem müssen sie den erzeugten Strom eigenständig vermarkten. Dafür können sie vor Ort Verbraucher finden oder den Strom ins Netz einspeisen.
«Wir sind stolz, dass wir für die Realisation von diversen Photovoltaikanlagen an Rastplätzen und an Lärmschutzwänden in den Kantonen Zürich und Schaffhausen sowie auch an Rastplätzen in den Kantonen Thurgau und St. Gallen verantwortlich sein dürfen», teilte das Unternehmen LIMA Solar aus Wil (SG) mit, als es letztes Jahr den Zuschlag erhielt.
Nun liegt offenbar die Bewilligung für ein solches Projekt vor, wie die «NZZ» berichtete. Es handelt sich um zwei Photovoltaikanlagen an der Oberlandautobahn A15 bei Wangen-Brüttisellen (ZH). Sie sollen im ersten Halbjahr 2025 realisiert werden und jährlich rund 500 000 Kilowattstunden Strom liefern. Es sind die ersten beiden Anlagen an Autobahnen in der Schweiz, die von Dritten im Rahmen dieses Programms gebaut werden. Neben der Betreiberin LIMA Solar AG sind auch das Austrian Institute of Technology in Wien, Focus Energie in Freiburg im Breisgau und die Zindel-Gruppe in Chur beteiligt.
Blendfreie Paneele
Als die Thematik aufkam, Solaranlagen entlang von Strassen zu bauen, wurden schon bald Stimmen laut, die sich um die Sicherheit der Fahrzeuglenkenden sorgten. Tatsächlich müssen die Anlagen Bedingungen erfüllen. Dazu gehört auch, dass Paneele die Verkehrsteilnehmer nicht blenden. LIMA Solar sagte gegenüber der «NZZ», dass alleine für diese Bedingung ein 85-seitiges Gutachten nötig gewesen sei. Erst im zweiten Anlauf habe man passende Solarpaneele zu einem vertretbaren Preis gefunden. Die Preise seien wegen der steigenden Nachfrage aber am Sinken. Mit dem ASTRA habe man einen detaillierten Ablauf für die Umsetzung des Projekts festgelegt, was Zeit gebraucht habe. Dieser gelte nun auch für alle weiteren Anlagen von Dritten an Autobahnen, was die Projekte beschleunige.
Wie sooft bei Projekten der alternativen Stromgewinnung könnte die vorhandene Netzinfrastruktur eine Rolle spielen, je nachdem auch eine weniger gute. Laut LIMA Solar könne der Anschluss ans Stromnetz eine Herausforderung sein. Nicht so an der A15 in Wangen-Brüttisellen: Die Gemeinde sei gut erschlossen und der Netzanschluss schon innerhalb von 500 Metern möglich.
Text: Daniel von Känel
Fotos: ASTRA