Wie weiter? – Bund lässt Ausbauprojekte prüfen

Verkehr und Infrastruktur

Strasse und Schiene sind wichtig und werden immer mehr beansprucht. Nach dem Nein zum Autobahnausbau und Mehrkosten bei der Bahn muss der Bund über die Bücher.

Nach dem Nein zum Autobahnausbau an der Urne ist klar: Die Verbesserungen der Verkehrsinfrastrukturen können nicht wie ursprünglich geplant umgesetzt werden. Dies gilt auch für die Schiene, deren geplanter Ausbau massiv teurer ist als bisher angenommen.

Der Verkehr in der Schweiz wird weiter zunehmen – sowohl auf der Strasse als auch auf der Schiene. Dies zeigen die aktuellen Verkehrsperspektiven des Bundesrats. Gleichzeitig steht der geplante Ausbau der Verkehrsinfrastruktur vor erheblichen Herausforderungen. Besonders der Nationalstrassen-Ausbauschritt 2023, der im November an der Urne scheiterte, hat gezeigt, dass die Bevölkerung umfangreiche Ausbauvorhaben kritisch sieht. Beim Ausbau der Bahn wiederum sorgen steigende Kosten und Finanzierungsprobleme für Unsicherheiten. Allein für die Umsetzung des Angebotskonzepts 2035 sind zusätzliche Infrastrukturmassnahmen erforderlich. Insgesamt drohen Mehrkosten von rund 14 Milliarden Franken, sofern keine Gegenmassnahmen ergriffen werden.

Prüfen und priorisieren

Vor diesem Hintergrund hat das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) entschieden, die geplanten Infrastrukturprojekte für Strasse und Schiene grundlegend zu überprüfen. Dabei soll geklärt werden, welche Projekte für die Schweiz Priorität haben und welche möglicherweise verschoben werden müssen. Zudem wird eine verkehrsträgerübergreifende Betrachtung angestrebt, um Synergien zwischen Strasse, Schiene und den Agglomerationsprogrammen besser zu nutzen. Für diese umfassende Analyse hat das UVEK die ETH Zürich beauftragt. Die Leitung übernimmt Ulrich Weidmann, Experte für Verkehrssysteme am Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme. Die Arbeiten erfolgen in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Strassen (ASTRA), dem Bundesamt für Verkehr (BAV) und dem Bundesamt für Raumentwicklung (ARE).

Bewährte Grundlagen

Die anstehende Priorisierung der Projekte basiert auf etablierten Planungsgrundlagen wie dem Sachplan Verkehr, den Verkehrsperspektiven 2050, der Perspektive Bahn 2050 sowie dem Angebotskonzept 2035. Auch das strategische Entwicklungsprogramm für die Nationalstrassen wird einbezogen. Um eine möglichst breit abgestützte Entscheidungsgrundlage zu schaffen, begleitet eine Fachgruppe bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der parlamentarischen Fachkommissionen, der Kantone und der SBB den Prozess. Zusätzlich wird ein Soundingboard mit verschiedenen Verkehrsverbänden sowie dem Städte- und Gemeindeverband eingerichtet, um eine möglichst umfassende Perspektive zu gewährleisten.

Ergebnisse und Ausblick

Die ETH Zürich wird ihre Ergebnisse voraussichtlich im dritten Quartal 2025 präsentieren. Diese sollen als Entscheidungsgrundlage für die nächsten verkehrspolitischen Schritte dienen. Trotz der laufenden Überprüfung werden die Planungen einzelner Projekte fortgesetzt, um Verzögerungen zu vermeiden. Mit dieser Initiative will das UVEK «Transparenz und Planungssicherheit» schaffen, wie es mitteilt. Bundesrat Albert Rösti verfolge mit diesem Projekt, es wird «Verkehr ‘45» genannt, eine zukunftsorientierte, verkehrsträgerübergreifende Strategie, um die Infrastruktur der Schweiz nachhaltig und effizient zu gestalten. 

Text und Fotos: Daniel von Känel

 

Bahninfrastruktur

14 Milliarden Mehrkosten bei den geplanten Ausbauprojekten

Das Nein zum Ausbauschritt der Autobahnen ist nicht die einzige Baustelle beim geplanten (und notwendigen) Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Der geplante Ausbau der Schweizer Bahninfrastruktur bis 2035 wird nämlich deutlich teurer als ursprünglich vorgesehen. Zusätzlich zu den bereits bewilligten 16,4 Milliarden Franken sind weitere 14 Milliarden Franken erforderlich. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) bestätigt diese Zahlen und führt die Mehrkosten hauptsächlich auf umfangreiche Erweiterungen wie Bahnhofsumbauten, neue Gleise und Abstellanlagen zurück. Allein für diese Massnahmen werden 8,5 Milliarden Franken veranschlagt. Weitere 5,5 Milliarden Franken entfallen auf bereits beschlossene Projekte, deren Kosten gestiegen sind, wie beispielsweise der Brüttener Tunnel auf der Strecke Zürich–Winterthur. Zusätzliche Investitionen sind notwendig, um die Sicherheit in stark frequentierten Bahnhöfen trotz erhöhtem Passagieraufkommen zu gewährleisten. Diese Massnahmen sind essenziell, um den geplanten Angebotsausbau umzusetzen und einen stabilen Betrieb sicherzustellen. Geplant ist, auf rund 60 Strecken neue Viertel- und Halbstundentakte einzuführen und die Anzahl der Sitzplätze um etwa 20 Prozent zu erhöhen. Für den Güterverkehr ist ein schweizweites Expressnetz für zeitkritische Waren wie Pakete und Lebensmittel vorgesehen. Die Finanzierung dieser zusätzlichen 14 Milliarden Franken über den Bahninfrastrukturfonds ist derzeit jedoch nicht gesichert, da die Instandhaltung des bestehenden Netzes gesetzlich Vorrang hat. Das BAV und die SBB prüfen nun intern und extern das überarbeitete Angebotskonzept 2035, wobei auch Einsparpotenziale identifiziert werden sollen. Der Westschweizer Verkehrsverband Ouestrail äusserte tiefe Besorgnis über die erheblichen Mehrkosten und fordert eine Gegenexpertise sowie eine Überprüfung der zugrunde liegenden Baustandards und Prozesse.

DVK / Foto: SBB Cargo